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Gendern oder nicht Gendern? Das ist keine Frage.

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»Gendern ist kompliziert, umständlich, unnatürlich und kann leicht missverstanden werden«. Soviel zu den gängigen Klischees. Um ehrlich zu sein: auch wir drei Gründer diskutierten noch vor nicht allzu langer Zeit heißblütig die vermeintlichen Für und Wider des Genderns. Anlass genug, sich etwas genauer mit dem Thema auseinanderzusetzen. Warum braucht es überhaupt eine gendersensible Sprache? Was ist dran an den Vorurteilen? Und wie gelingt es im beruflichen wie privaten Kontext – aber auch als verantwortungsbewusste Marke – mit dem Thema korrekt umzugehen?

Warum Gendern wichtig ist

Sprache lebt. Von Jahr zu Jahr kommen neue Begriffe und Trendwörter hinzu, wohingegen andere Begriffe im wahrsten Sinne an Vereinsamung sterben, #YOLO. Auf Wikipedia (Link) findet man dazu eine eindrucksvolle Liste an Worten, die in den letzten Jahren als Jugendworte des Jahres gekürt wurden: merkeln, cringen, fly sein.  Auch wir als sogenannte Millennials kommen da langsam nicht mehr hinterher und durchleben derzeit wohl kollektiv den Limbus aus trendiger Jugendsprache und folklorem Sprachgebrauch. Der entscheidende Unterschied zwischen solch fluider Sprachentwicklung und gendersensibler Sprache: Gendern stellt einen bewussten Eingriff in unsere Sprache dar, indem es uns aufzeigt, wie unsere Sprache nachhaltig gerechter, eindeutiger und bewusster werden kann.

Der damit einhergehende Umbruch polarisiert. Und ja, manchmal ist es auch unbequem. Gleich einen Kampf der Kulturen heraufzubeschwören (vgl. Spiegel Cover, 03/21) schießt jedoch gehörig über das Ziel hinaus. Lässt man die Polemik außen vor, stehen wir alle – ob Privatperson oder Marke – auf kurz oder lang vor der Frage, ob und wie wir uns dem Thema nähern können. Sogenannte »Purpose Brands« gehen mutig voran und positionieren sich in ihrer Außenkommunikation klar zu sozialen und politischen Themen. Damit daraus kein »Klatschen gegen Corona« (Link) wird, gilt es, einen authentischen Umgang für sich und seine Marke zu finden.

»Sprache zeigt unsere Perspektive auf die Welt und gestaltet unser Denken. Mit ihr wird eine Reflexion darüber angeregt, wer gesellschaftlich anerkannt wird und wer nicht. Gesellschaftliche Verhältnisse [...] können durch Sprache nicht nur verfestigt und legitimiert, sondern auch in Frage gestellt und verändert werden.« – Leuphana Universität Lüneburg

Mit Mut gegen Vorurteile

Ressentiments gibt es viele. Auch bei uns gibt gab es sie. Doch je mehr wir uns mit der Thematik auseinandersetzten, je unvoreingenommener wurden wir. Am Ende hielten kaum Argumente dem grundsätzlichen Konsens stand, Sprache gerechter, antidiskriminierender und bewusster gestalten zu wollen. Hier braucht es das Gendern. Dennoch möchten wir dir die aus unserer Sicht interessantesten Vorurteile nicht vorenthalten:

»War immer schon so, wird auch so bleiben.«
Äh, ne. Wusstest du beispielsweise, dass der Begriff "Bürokauffrau" noch in den 70ern als undenkbarer galt? Wir auch nicht. Doch veranschaulicht es gut, wie sich unsere Sprache, deren Wahrnehmung und die Akzeptanz wandelt. Wieso eigentlich auch nicht?

»Das hört sich beim Sprechen/Lesen doch total komisch an.«
Fairer Punkt. Aber liegt das wirklich am Gendern, oder nicht eher daran, dass typographische Wortzusätze der deutschen Rechtschreibung fremd sind und wir es von Kindesbeinen an nicht anders gelernt haben? Vielleicht geben wir dem Ganzen doch mal eine Chance. Als positive Bestärkung: Wenn dich stört, beim Lesen von Kund:innen eine winzige Sprechpause einzulegen, überlege mal, wie du Spiegelei aussprichst.

»Das ist alles super aufwändig.«
Aller Anfang ist schwer, stimmt. Bist du jedoch von der Notwendigkeit einer Veränderung überzeugt und möchtest dazu etwas beitragen, führt wohl kein Weg drum herum. Auch wir müssen oftmals noch ein zweites Mal einen Text lesen, um die Fehler der über die Jahre antrainierten Schreibweisen herauszufiltern. Mit der Zeit geht es fast schon flüssig.

»Ich habe es versucht, aber wurde für kleinste Fehler gerügt.«
Das kennen wir auch, sollte dich (und/oder dein Unternehmen) aber nicht entmutigen. »Ist ja schön, dass ihr bei dem Text XYZ mal etwas gendert, es dann aber im Absatz 3 eurer AGBs nicht tut«. Klassischer Whataboutism. Ein struktureller Wandel unseres Denkens und der daraus folgenden Kommunikation geschieht nicht von heute auf morgen. Fehler passieren und statt jedes Teil eines Ganzen auf die Waagschale zu legen, sollte der Blick auf dem Wesentlichen liegen.

Gendern in der Praxis

Spielt der Platz keine Rolle (bspw. bei kurzen Texten oder aber in Anreden), so ist zudem die Paarform eine gängige Praxis (bspw. Sehr geehrte Kundinnen und Kunden). Weitere Kniffe, die dir zu gendersensibler Sprache helfen können, sind geschlechtsneutrale Formulierungen durch die Substantivierung von Adjektiven und Partizipien (bspw. Studierende, Lehrende, Verkaufende, Anwesende (bei einigen Wörtern nicht möglich), Umformulierungen durch Passivformulierungen (bspw. „das Formular ist vollständig auszufüllen.“ ) oder auch geschlechtsneutrale Ansprachen wie bspw. statt „jeder, der …“ → „alle, die …“.

Wir haben uns für den Gender-Doppelpunkt entschieden, da er aus typografischer Sicht am unauffälligsten ist, den Sprachfluss nicht behindert und sich zudem inklusiv verhält. Doch Kritik zum Doppelpunkt gibt es auch: Menschen, die gerade Deutsch lernen, irritiert das ungewohnte Zeichen mitten im Wort. Denn der Doppelpunkt hat die Bedeutung: Achtung, jetzt kommt etwas besonders Wichtiges! Je nach Zielgruppe empfehlen wir deshalb neben dem Doppelpunkt ebenso das Gender-Sternchen, welches sich ähnlich verhält und sich auch zunehmend an Beliebtheit erfreut.

Fazit

Gendern ist weder kompliziert noch umständlich. Unnatürlicher Klang oder ruppiger Lesefluss sind in der Tat Kinderkrankheiten, welche sich mit jahrelanger Gewohnheit begründen lassen. Wir selbst merkten nach nur wenigen Wochen, dass sich anfängliche Barrieren wie von alleine abbauten, neue Muster hinzukamen und unser Wille nach Veränderung letztlich die bestehenden Vorurteile überragte.

Apropos Veränderung: Durch die Umstellung auf eine gendersensible Sprache, veränderte sich nicht nur unsere eigene Wahrnehmung der Dinge. Auch als Marke profitieren wir von einer wertschätzenden, demokratischen und antidiskriminierenden Sprache, welche letztlich 100 % unserer Kund:innen konkret anspricht, statt wie bisher nur „mitzumeinen“. Der Weg dorthin ist (auch wenn das Ziel noch nicht erreicht) kürzer als gedacht.

Edit: Anbei noch ein paar interessante Links, die dir auf deinem Weg helfen:

  • Gend-O-Mat – interaktives Tool zum besseren Verständnis (Link)

  • Genderleitfaden der TU Dresden – das Warum, das Wie und das Was in 4 Seiten (Link)

  • Geschicktgendern.de – ein Wörterbuch gendergerechter Begriffe (Link)

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